Foto: Dirk Päffgen
Das Polanski-Debüt: Stabilität durch klare Prinzipien
Mit Eugen Polanski haben die Fohlen einen Trainer gewonnen, der für absolute Klarheit in seinen Prinzipien und strukturierten Abläufen steht. Bereits in der ersten Trainingswoche wurde deutlich: Der neue Cheftrainer verkörpert eine Spielidee der klaren Organisation, die dieser Mannschaft – nach den fragilen Wochen unter Gerardo Seoane – genau die defensive Stabilität verleihen kann, die sie dringend benötigt.
Wie ich bereits in meinem Gespräch mit Jannik Sorgatz bei der Rheinischen Post angemerkt hatte, werden genau diese klaren Abläufe der Schlüssel für Borussias Stabilisierung sein – das 1:1 gegen Bayer Leverkusen war ein Musterbeispiel für diese These. Polanski schaffte es, binnen einer Woche eine Mannschaft zu formen, die nicht nur defensiv kompakt und organisiert agierte, sondern auch kompromisslos-definierte Pressingauslöser implementierte.
Der Fokus der ersten Trainingseinheiten lag offensichtlich auf der Erarbeitung einer Grundordnung, aus der heraus klare Pressingmuster entwickelt wurden. Besonders auffällig: Die akribische Arbeit, um das Zentrum zu schließen. Polanski implementierte ein System, in dem jeder Spieler exakt wusste, wann und welche Pressingauslöser definiert sind – um aus der Grundformation GEMEINSAM herauszurücken oder eben die kompakte Struktur beizubehalten.
Eine Taktikanalyse von @denizguelr.
Taktikanalyse: WAS hat Polanski WIE verändert?
Kompakte Organisationsstruktur

Borussia wählte matchplanabhängig gegen Leverkusen eine 5er-Kette, und agierte im vorderen Pressingblock aus einer 2-3 Staffelung. Reitz und Engelhardt hatten zusammen mit der Abwehr- und Sturmkette eine enge Verbindung, sodass sie zügig vorwärts rausspringen konnten (Durchpressen), oder eben die Abwehr unterstützen und zur Ballseite verschieben konnten.
Polankis 5-2-3 Struktur hatte einen klaren Fokus darauf, das Zentrum zu schließen: Durch das defensive Positionsspiel gewannen die Fohlen im vorderen 2-3 Pressingblock an Kompaktheit im Zentrum. So zwang man Leverkusen früh, in die Breite zu spielen.
Flügelverteidigung: Überzahl, um gegnerische Progressivität zu verhindern
Auf den Flügeln angelangt, verschiebt Borussia unter Polanski fleißig, um auf der Ballseite Überzahl zu schaffen. Einerseits, um mannorientiert direkten Zugriff im 1vs1 zu bekommen, andererseits, um mit Überzahlspieler diagonale Passfenster zu schließen, die den Gegner in ballentferntere Zonen bringen könnten. Im Beispielbild schließen Stöger und Engelhardt – durch ihre Positionierungen – diagonale Passwinkel.

Aktivität als grundlegendes Element
Egal, ob in höheren oder tieferen Zonen: Borussia verteidigt unter Polanski aktiv. Im Zuge dessen bedeutet dies, dass Gladbach aus der organisatorischen Kompaktheit heraus diagonale Winkel findet, um zunächst anzulaufen, und anschließend Balldruck erzeugen zu können.
Das heißt nicht, dass Polankis Borussia jeden Ball attackiert, aber das Defensivprinzip ist darauf ausgerichtet, den Gegner lediglich außerhalb des Blocks spielen zu lassen. Findet sich der geeignete Zeitpunkt, geht man GEMEINSAM ins maximale Pressing über.
Klar definierte Pressingauslöser
Die Pressingauslöser sind klar definiert: Ist man durch die Organisation kompakt im Zentrum, ist man darauf bedacht, den Gegner auf die Flügel zu locken. Dort gehen die Fohlen ins maximale Pressing über; Sie stellen Passfenster, wie vorhin beschrieben, zu und erzeugen durch die Mannorientierung direkten Zugriff. Machino als vorderster Pressingspieler ist darauf bedacht, eine Seite abzuschneiden.
Wichtig ist jedoch auch anzumerken: BMG presst den Torwart eher selten an; Findet der Gegner also in der Zirkulation seinen Torwart, gehen die Fohlen zurück in die Organisation. Polanskis Motto: „Organisation first!“.
Hat man jedoch im Zentrum, in höheren Zonen, den Zugriff, geht die Borussia ins maximale Pressing und presst durch. Das Momentum in Form der Dynamik (Stöger antizpiert im oberen Videobild bspw. sehr früh den gegnerischen Horizontalpass), soll also genutzt werden – ein gewisses Faible für „Risikospiel“ ist also vorhanden. Dafür geht man dann in Manndeckungszuteilungen auf dem ganzen Feld.
Diese Momente hatte Borussia in der ersten Halbzeit zwei Mal, in der zweiten Halbzeit gegen Ende des Spiels paar weitere Male. Deutlich wird also: Das Pressingrisiko wählt man gewählt und nur aus der maximal richtigen Organisationsstellung heraus aus, dann aber mit voller Wucht und Intensität.
U23 als Vorbild: Bald im 4-2-2-2 (4-4-2)?

Beobachtete man die U23 in der laufenden Saison unter Polanskis Führung (7 Spiele; 14 Punkte; 15:10 Tore; Platz 5) stellte man exakt die selben Prinzipien fest. Das Angriffspressing war nur bedingt zu beobachten; allerdings mit den gleichen Abläufen, wie es die Profimannschaft in Leverkusen zeigte:
- Mannorientiertes Anlaufen auf Ballseite, um maximalen Balldruck zu erzeugen
- Raumorientiertes Zustellen, um Passwege zu schließen
- Ballorientiertes Verschieben auf der ballfernen Seite, um Kompaktheit herzustellen

Im Mittelfeldpressing fühlte sich nicht nur die Profimannschaft unter Polanski wohl, sondern auch die U23. Auch dort galt das oberste Prinzip, das Zenturm zu verdichten.
Die favorieriste Formation im 4-2-2-2 (4-4-2) war darauf ausgelegt, dass der Doppelsturm die gegnerische Doppel-Sechs manndeckte, und die Innenverteidiger in der statischen Organisationsphase zunächst nicht beachteten. Die Flügelspieler schloßen im Halbraum Passwege zu, ehe man Pressingauslöser aktiv in den Flügelzonen einleitete.

Für die Borussia ist dies sicherlich eine interessante Formation, wenn eine Vielzahl von verletzten Spielern zurückkehrt. Unter Ex-Trainer Seoane spielte die Borussia bereis eine ähnliche Formation im 4-2-3-1; Der gravierende Unterschied wäre die Staffelung im vordersten Pressingblock, welche aus einem 1-1 in ein 2-0 ausweichen würde.
In der Art und Weise zu verteidigen, käme für Hack und Honorat eine stark veränderte Rolle zu: Aus simplen Mannorientierungen, die teils dafür sorgten, dass man mit in die Abwehrkette fiel (und fiel, und fiel, und fiel) hat man nun einen raumorientierten Ansatz, um Passwege zu schließen. Zudem sind sie diejenigen, die das Pressing einleiten und auslösen müssen.

Insbesondere für Honorat käme im Ballbesitz eine Veränderung zu: Der Fokus auf tororientierte Aktionen. Im Spiel gegen Leverkusen sah man deutlich, zum Beispiel beim Abseitstor von Castrop, dass Flügelspieler für Tiefe sorgen müssen, die tororientiert ausgerichtet sind. Honorat galt unter Seoane als reiner Mittelfeldläufer, der die Breite hielt und maximal auf das Vorlagenspiel ausgerichtet war. Eine Transformation, vom Vorbereiter zum Angreifer, ist für Polanskis Offensivspiel essenziell.
Weitere Prognosen erscheinen zum jetzigen Zeitpunkt definitv unseriös. Spannend zu beobachten wird sein, wie die Fohlen sich unter Polanski weiter entwickeln und vor allem welcher Fokus in den nächsten Wochen gelegt wird.
Meine Tendenz: Gegen Frankfurt und Freiburg weiterhin auf defensive Stabilität – in Form von gesteigerter Aktivität – ehe man in der Länderspielpause das Ballbesitz- und Positionsspiel forciert.
Eine Analyse von Deniz Güler (@denizguelr).

Unser Patreon findet hier. Wir sind dankbar für jede noch so kleine Unterstützung, die uns auf unserem Weg begleitet. Wichtig: Die Entscheidung zur Unterstützung ist vollkommen freiwillig – es gibt keine Nachteile für diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht unterstützen können oder möchten. Vielen Dank für eure treue Begleitung!


Hinterlasse einen Kommentar