Nach dem enttäuschenden Resultat in Pauli, war die Devise klar: Gegen Freiburg mit einem Heimsieg den Kampf um Europa weiter vorantreiben. Stattdessen überholen die Breisgauer nach dem hochverdienten 2:1-Erfolg im Borussia Park das Team von Gerardo Seoane in der Tabelle. Warum Borussia an diesem 29. Spieltag keine Punkte verdient hatte und woran dieses Spiel stark erinnerte, lest ihr in der Analyse von Marc.
Die Startelf: Ein Ausfall kommt selten allein

Nachdem Philipp Sander weiterhin verletzt ausfiel, musste kurzfristig auch Rocco Reitz passen, wodurch Florian Neuhaus in die Startelf rückte, während Luca Netz den zuletzt formschwachen Lukas Ullrich ersetzte. Bei den Gästen ersetzte Rosenfelder Ginter und Günter Makengo. Beide Teams traten nominell im 4-2-3-1 auf, während es bei den Gästen besonders im Ballbesitz sehr fluide Wechsel zwischen einem 3-4-2-1 und einem 4-2-3-1 gab mit vielen Positionswechseln. Die Borussia bleib ihrem bewährten 4-4-2 gegen den Ball treu und setzte im Ballbesitz auf einen abkippenden Neuhaus, der jedoch zu selten in diese Situationen kam, da die Freiburger extrem hoch und konsequent anliefen und die Fohlen so immer wieder zu langen Bällen zwangen.
Freiburger Dreicke gegen Gladbachs Anlaufenproblem
Dass die Fohlen gegen einen Dreieraufbau Probleme im Anlaufverhalten haben, wurde des Öfteren deutlich der Saison. Freiburg provozierte dies, indem sie immer wieder in einer asymmetrischen Viererkette mit einrückendem Kübler und hochschiebendem Günter agierten, wodurch Grifo in den Halbraum invertierte.
Borussia war somit geneigt mit Honorat auf den linken Halbverteidiger Lienhart durchzupressen. Hierauf war Freiburg jedoch vorbereitet. Sie wussten, dass Plea und Kleindienst zentral auflaufen und durch den Deckungsschatten beide Sechser der Gäste kontrollieren wollten. Da Scally jedoch im Pressing auf Günter weite Wege hatte, nutzte Freiburg ihn als Wandspieler für den Exit über die eigene Sechs. Gladbach fand somit kaum kontrollierte Pressingmomente und wurde in erster Linie konsequent überspielt. Dadurch, dass Weigl den Weg zu Grifo mitging, war der Raum im Zentrum besonders häufig für Osterhage riesig, um das Verbindungsspiel der Freiburger nach vorn zu treiben.

Zuordnungsprobleme durch Positionswechsel
Die Fohlen versuchten im Laufe der Partie ihren fehlenden Zugriff durch erhöhtes Laufvolumen zu kompensieren. Allerdings erinnerte dies oft an Verzweiflung und mündete immer wieder in frustrierten, überspielten Offensivkräften. Ein gutes Beispiel dafür lässt sich im nachfolgenden Bild erkennen.

Kleindienst will mit Intensität das Pressing forcieren, Plea und Honorat springen darauf an, obwohl Borussias Hintermannschaft in der tiefen Position durch die Freiburger Offensivakteure gebunden ist und nicht nachschieben kann. Das Resultat war somit, dass Freiburg sich mit 2 Pässen immer wieder aus dem kurz aufkeimenden Druck befreien konnte und in ein geordnetes Positionsspiel kommen konnte. Die Fohlen waren somit gezwungen, sich wieder zurückzuziehen, um eine halbwegs geordnete Formation gegen den Ball zu finden.
Doch auch hier waren die Gäste dank ihres variablem Positonspiels schwer zu greifen. Beim zwischenzeitlichen Ausgleichstreffer werden die Fohlen durch genau diesen Faktor ausgehebelt, weil sie die falschen Entscheidungen als Reaktion treffen. Da Neuhaus und Weigl nicht energisch genug auf Osterhage und Eggestein rausschieben, können Kleindienst und Plea den Aufbau von Lienhart und Rosenfelder nicht stören, obwohl sie im 2vs2 eigentlich perfekte Vorraussetzungen hätten. Doan als Breitengeber verleitet Netz zur Fehlentscheidung, ihn in der Breite aufnehmen zu wollen. Da Hack diesen Weg nicht macht, gleichzeitig aber auch Kübler im Rücken ziehen lässt, kann Rosenfelder den perfekten Ball in den Rücken von Netz spielen. Der Rest ist dann zwar gut ausgespielt, wenngleich die Fohlen ihre komplette Zuteilung verlieren.

Selbst im Abwehrpressing kein Druck
Warum Borussia in erster Pressinglinie keinen Druck entfachte, wurde oben bereits beleuchtet. Dass sie aber selbst im Abwehpressing keine Kompaktheit hatten, ist alamierend. Bedenkt man nur, dass dies ein Kernelement der aktullen Spielzeit ist und die Fohlen auszeichnete. So stellten sie immer wieder Gleichzahl am Flügel her, standen aber in eigener letzter Linie so breit, dass immer wieder einer der beiden Sechser in die eigene Box durchverteidigen musste, während der andere am Flügel unterstützte. Die Folge war immer ein einfacher Pass für Freiburg raus aus dem Druck, mit dem sie das Spiel öffneten und auf die Gladbacher Box dribbeln konnten.

Diese Bild ist der große Schlüssel, weshalb Borussia gegen den Ball kaum Druck entwickeln konnte und in der Folge viel hinterherlief. Wer im hohen Anlaufen keinen Druck auf den Gegner aufbauen kann, muss im tiefen Verteidigen so kompakt auftreten, dass man Ballgewinne erzwingen kann und dem Gegner keine schier endlosen Ballzirkulationen zugesteht. Dieses Vorgehen kostete die Fohlen viel wertvolle Kraft, da sie immer wieder gezwungen waren, Räume nachträglich zulaufen zu müssen.
Halbzeit 2: Die Extreme nehmen zu
Die Fohlen versuchten im zweiten Durchgang die Schlagzahl wieder zu erhöhen. Allerdings blieb es beim Versuch, da die Freiburger erneut gute Lösungen über Dreiecke gepaart mit Zuordnungsschwierigkeiten herstellten.

Hinzu kam, dass die Fohlen sich immer wieder aus dem Zentrum locken ließen und selbiges kaum mehr schließen konnten, da Neuhaus und Weigl den Auftrag hatten, die Halbräume vor der eigenen Kette zu schließen. Dies ließ sich jedoch mit einem höheren Anlaufen vereinbaren, da die Freiburg somit nicht nur in Überzahl waren, sondern immer wieder über den eigenen Sechserraum auflösen konnten. Anders als noch in der ersten Hälfte, wo sie diesen noch über die Klatschoption am Flügel erreichten, konnten sie nun einfach den direkten Weg immer häufiger wählen. Dies lag daran, dass Gladbach den Passweg auf den Flügel aggressiver zuzulaufen und dadurch seine Kompaktheit im Zentrum verlor. Durch das ballnahe Verschieben des ballentfernten Flügelspielers (im Beispiel unten Honorat) konnten die Freiburger sich nicht nur aus dem Druck lösen, sondern auch bequem verlagern.

So wurden die Fohlen erneut häufig überspielt und bekamen kaum Zugriff. Besonders in der Phase nach der Pause bis zur 60. Minute konnten die Freiburger im Schnitt 80 (!!!) Pässe spielen, bis es zu einer Defensivaktion der Borussia kam. Stellt man diesem Wert die zugelassenen Pässe bis zu einer Defensivaktion der Borussia entgegen, zeigt sich das absurde Verhältnis der beiden Spielanlagen. Während die Freiburger deutlich höher anliefen und auch insgesamt im Mannschaftsverbund höher standen, musste die Borussia immer mehr zurückweichen, da sie in erster und zweiter Linie immer wieder überspielt wurden. So war die durchschnittliche Aufstellungslinie zwischen Minute 46 und 75 bei 29 Metern, während Freiburg in keiner Phase des Spiels unter 43 Meter fiel. Diese zahlen lassen sich sonst bei einem Heimspiel gegen Bayern bemerken, wo man gewohnt tief steht und auf Konter spielt. Dieses Bild erinnert leider sehr stark an vergangene Saisons, in denen man Woche für Woche zu passiv agierte und keinen klaren Plan gegen den Matchplan des Gegners entwickeln zu können.

Hinzu kam, dass man es auch im tiefen Block kaum schaffte, Zwischenlinien und Räume zu schließen. Besonders Osterhage und/oder Eggestein waren immer wieder gut zwischen Gladbachs Stürmern, Flügelspielern und Sechsern im Zwischenraum positioniert, um einen Exit zu generieren. Fehlender Druck auf den Ball gepaart mit offenen Räumen zwischen den Ketten ist das Todesurteil für jede Defensive.

Fehlerbehaftete Fohlen
Vor wenigen Wochen lobten wir die Fohlen für ihr Ballbesitzspiel. Wir hoben die Variabilität heraus, die Bereitschaft in den Druck zu spielen, die gute Positionierung und die Zielstrebigkeit. An diesem 29. Spieltag schien allerdings all das verloren gegangen zu sein. Die Art und Weise, mit der die Mannschaft von Gerardo Seoane in einer ungewohnten Häufigkeiten technische Fehler zeigte, lässt Raum für Sorgen. Warum Spieler wie Plea, Honorat, Hack und Netz gefühlt jeden zweiten Ball (oder mehr) unsauber annahmen, verstolperten oder schlampig spielten, alarmiert. Es ist nicht so, dass Freiburg gar nichts anbot, es ist nur so, dass Gladbach wenig bis gar nichts davon nutzen konnte. Zu selten konnte man Räume finden, wie Neuhaus in der 20. Minute (siehe Bild unten). Obwohl Florian Neuhaus in seiner gewohnten Art gerne auf den Flügel rauskippte und die Spielgestaltung an sich reißen wollte, waren es häufig die darauf folgenden Aktionen, die Borussias Bemühungen im Keim ersticken ließen.
Es wirkte zeitweise so, als würde Borussias Akteuren die nötige Frische im Kopf fehlen, um saubere Aktionen in der gewohnten Schlagzahl und Qualität zu zeigen. Bringt man jedoch die eben erwähnten Punkte aus dem Spiel gegen den Ball mit der Komponente der Müdigkeit zusammen, lässt sich ein Zusammenhang herstellen. Wer viel gegen den Ball arbeiten muss, viele Räume zulaufen muss und wenig Zeit für Erholung im Ballbesitz hat, wird zwangsläufig müde und damit auch fehleranfälliger. Wenngleich einige Spieler von Minute 1 so wirkten, zeigte sich dieses Bild bei vielen Akteuren im Verlauf der Partie. So konnte Robin Hack beispielsweise beim 2:1 der Freiburger das Doppeln am Flügel nicht annehmen, da er schlichtweg platt war.

Auch Seoanes Standardmove hilft nicht
Gerardo Seoane verbindet defensive Stabilität mit mehr Beinen in der Defensive, das sollte inzwischen allen aufmerksamen Gladbachfans aufgefallen sein. Dass dieser Gedanke aber zu kurz gedacht ist, zeigte die Partie gegen Freiburg erneut eindrucksvoll. Obwohl durch die Hereinnahme von Friedrich und dem damit verbunden Agieren in Manndeckung bei Ballbesitz von Freiburgs Keeper Müller auf dem Papier Stabilität signalisiert, tat es die Umsetzung ganz und gar nicht. Freiburgs Zielspieler Adamu, der einige lange Bälle gegen Gladbachs Innenverteidigung exzellent fest machte, war auch in dieser Phase immer wieder der Fixpunkt.

Besonders bemerkenswert in den Bildern oben und unten, die 5 Sekunden auseinander liegen, ist Itakura. Während Müller im Ballbesitz ist, steht er am Mittelpunkt gegen Manzambi. Kurze Zeit später, will er Friedrich im Duell absichern, obwohl Chiarodia als Absicherung bereits eine gute Positionierung hat. Dadurch gibt er den Raum vor der Kette gegen Manzambi auf, der den Ball aufnehmen kann und treiben kann, Borussia wird mit einem Ball in die Defensive gezwungen. Die Fohlen hatten somit auch in der Schlussphase mit mutigerem, höheren Anlaufen keinerlei Effekt und wurden immer wieder in Richtung der eignen Box gedrückt, ehe man dem Druck kurz vor Schluss zurecht erlag durch den späten Siegtreffer von Manzambi.

Schon in der Sommerpause?
Borussias Spiel gegen Freiburg wirkte ein wenig wie eine Partie am 34. Spieltag, bei der es für die Borussia um nichts mehr geht, während Freiburg um Europa kämpft und spielt. Die Defizite gegen den Ball waren eklatant, das Pensum, dass man somit abreißen musste, um zu verteidigen, immens. Dass zudem im eigenen Ballbesitz so viele Unsauberheiten und Ungenauigkeiten versammelt waren, machten die Situation nicht besser. Auch wenn wir vor wenigen Spielen über Europa gesprochen haben, zeigte diese Partie, dass die Borussia in dieser Verfassung dort nichts verloren hat. Die klare Devise muss sein, auf Spielweisen des Gegners besser reagieren zu können und zu alter Stärke im eigenen Ballbesitz zurückzufinden. Dies spart Kräfte für enge Schlussphasen, um den entscheidenden Sprint rund um die eigene Box zu gehen. Zudem hilft es, das Spiel besser zu kontrollieren, den Gegner auch zu Fehlern zu zwingen und Entlastung zu generieren. Es bleibt zu hoffen, dass die Fohlen in Dortmund frischer sind und durch konsequente, kompakte Arbeit gegen den Ball und konzentriertes Positionsspiel zurück in die Erfolgsspur finden, um sich für den Endspurt der Saison zu rüsten und die Saison gut zu beenden, denn das hat diese Mannschaft sich eigentlich verdient.

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