Disziplinierte Defensive siegt gegen zahnlose Leipziger – Spielanalyse BMG vs RaBa Leipzig (1:0)

Ein Gastbeitrag von Felix.

Im direkten Duell um die internationalen Plätze bezwang die Borussia am Samstagnachmittag die Gäste aus Leipzig. Durch diesen Sieg zog das Team von Gerardo Seoane nicht nur an den Leipzigern vorbei auf Platz fünf, sondern verkürzte auch den Abstand auf die Champions League Plätze auf zwei Punkte, was die Position im Kampf um die Top sieben stärkte. Die Borussia bestach nach einer guten Anfangsphase gegen balldominante Leipziger durch ein diszipliniertes Spiel gegen den Ball und zeigte sich mit Umstellungen flexibel gegen das Leipziger Ballbesitzspiel. Als unmittelbare Folge des Spiels stellten die Leipziger zudem Cheftrainer Marco Rose frei.

Personell musste Leipzig, die aus der gewohnten 5-3-2 Grundordnung heraus agierten auf Stammtorhüter Gulacsi verzichten. Dieser wurde von Vandevoordt ersetzt. In der Fünferkette erhielt Klostermann den Vorzug vor Geertruida als rechter Halbverteidiger. Im Vergleich zum Sieg gegen Dortmund rückte zudem Haidara für den zuletzt formschwachen Sesko in die Startelf, was dazu führte, dass Baumgartner die Rolle neben Openda einnahm.

Die Borussia veränderte die Startelf in der 4-2-3-1 Grundordnung sogar auf vier Positionen. Im Tor ersetzte der junge Cardoso den erneut verletzt ausfallenden Kapitän Omlin. Neben dem krankheitsbedingten Ausfall von Sander, der positionsgetreu durch Reitz ersetzt wurde, fehlte zudem Schlüsselspieler Kleindienst gelbgesperrt. Dieser schmerzliche Ausfall des Neuners wurde, auch wenn dieser ein anderes skillset besitzt, positionsgetreu durch Cvancara aufgefangen. Es blieb daher spannend, wie dieser die Rolle interpretierte. Zusätzlich entschied sich Seonae auf dem rechten Flügel für eine Startelf Rückkehr des zuletzt verletzten Honorat anstelle des formstarken Ngoumou.

Überlegene Anfangphsphase

Gladbach begann die Partie mutig und lief die Leipziger, die aus einem 4-2-4 heraus aufbauten im mannorientierten Angriffspressing hoch an. Das Angriffspressing bestach zunächst durch eine hohe Intensität und Aggressivität in den Duellen, um die Gleichzahl in der letzten Linie zu kompensieren.

Die Leipziger erzeugten den 4-2-4 Aufbau zum einen durch das Hochschieben von Flügelverteidiger Baku als Breitengeber auf der rechten Seite. Dadurch schob Klostermann in die Breite und agierte im Aufbau als rechter Verteidiger. Auf der anderen Seite schob Xavi häufig in die Breite. Die Gladbacher Außenverteidiger agierten deshalb tief gegen die Leipziger Breitengeber, während die vier Angreifer positionsgetreu die Viererkette anliefen. Im Zentrum stellten die Sechser die Leipziger Sechser zu und sorgten so für eine 1 zu 1 Zuteilung auf dem ganzen Platz.

Folglich wählten die Leipziger häufig den, jedoch nicht gut vorbereiteten langen Ball nach Abstößen oder versuchten über einen der Außenverteidiger Baumgartner, der sich gegenläufig zu Openda bewegte, zu finden. Die Gladbacher Innenverteidiger zeigten sich jedoch konsequent im Springen aus der eigenen Kette und konnten diese wichtigen Duelle für sich entscheiden. Dies führte zur Kontrolle des Spiels mit Ball in der Anfangsphase und zwang RB so ins Mittelfeldpressing.

Im hohen Aufbau agierte die Borussia – durch die Asymmetrie der Außenverteidiger – im geschaffenen 3+2 Aufbau. Ullrich schob in die letzte Linie, während Scally in den Dreieraufbau einrückte. RB versuchte dagegen im 5-2-3 Mittelfedpressing durch einen Fünferblock den Sechserraum zu isolieren bevor der Querpass auf Scally, der zumeist etwas breiter positioniert war als Elvedi, als Pressingauslöser zu nutzen, um mannorientierten Zugriff auf der Seite zu bekommen. Xavi lief dafür Scally im diagonalen Winkel an, um ein diagonales Zuspiel auf Honorat in die letzte Linie zu unterbinden. Gleichzeitig stellte Baumgartner durch einen Bogenlauf Itakura als zentralen Mann des Dreieraufbaus zu und nahm gleichzeitig den ballfernen Sechser Weigl in den Deckungsschatten, was Haidara Zeit verschaffte auf diesen zu springen. Openda stellte zudem Reitz als ballnahem Sechser zu, wodurch Seiwald eine defensivere Position einnehmen konnte und Pleas freie Bewegungen im Zwischenlinienraum aufnahm.

Der Borussia gelang es jedoch häufig über das Dreieck aus dem abkippenden Honorat, Plea und Reitz in Ballbesitz zu bleiben, da Openda Reitz‘ nachschiebende Läufe nicht mitging und so im Verbund mit Plea im rechten Halbraum eine 2gg1 Sitaution gegen Seiwald entstand. Diese konnte durch das Abkippen von Honorat in der Breite diagonal bespielt werden, in dem er sich aus dem Deckungsschatten von Xavi herausbewegte und eine Anspielstation für Scally schaffte. Die Borussia verpasste es jedoch in der Anschlussaktion einen nennenswerten Raumgewinn zu erzielen oder die durch Honorats Abkippen geöffnete Tiefe zu bespielen, wodurch man sich zwar aus dem Druck befreite, allerdings ohne aus dem kontrollierten Aufbau heraus Torgefahr auszustrahlen.

Eine Alternative im Bespielen des Mittelfeldpressings war zudem der Tiefenlauf von Scally im Halbraum, der zumeist mit einer Gegenbewegung mit Honorat einherging. Scally zog zunächst Xavi mit, was Itakura Raum im tiefen Halbraum gab um anzudribbeln, da RB sich neu sortieren musste. Seiwald sprang in diesem Moment meist auf Reitz, um das Anlaufen von Openda auf den zwischen den Innenverteidigern auffüllenden Weigl zu kompensieren. So bot sich das Potenzial an Plea mit einem Dynamikvorteil gegenüber dem herausspringenden Halbverteidiger Bitshiabu im Halbraum zu finden.

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Leipzig übernimmt Kontrolle

In der Folge wurde die Borussia etwas passiver im Angriffspressing und kam kaum noch zu Pressingmomenten. RB gewann an Ballkontrolle und drängte die Fohlen so in ein 4-4-2 Mittelfeldpressing zurück. Die Leipziger agierten aus einem asymmetrischen Dreieraufbau mit Klostermann meist etwas breiter und einer Mittelfeldraute davor mit Seiwald als alleinige Sechs.

Diese Mittelfeldraute sorgte durchaus für Schwierigkeiten in der Zuteilung der Borussia. Auffällig waren hierbei die starken Mannorientierungen der Gladbacher Sechser gegen die Leipziger Achter Xavi und Haidara, die sich sehr frei bewegten und so auf Schritt und Tritt verfolgt werden sollten. Leipzig gelang es gegen diese starken Mannorientierungen, durch kleine Bewegungen der Achter in die Breite oder das Fallen in den Sechserraum, bewusst Passwege für den um Openda herumspielenden Baumgartner zu öffnen. Dieser kippte gerne in den Zwischenlinienraum ab, um diagonale Pässe der Halbverteidiger zu empfangen und als Ablagespieler zu dienen und Seiwald mit einem offenen Fuß hinter der ersten Pressinglinie zu finden.

In den Halbräumen zeigte sich die Borussia durch aggressives Herausspringen von Elvedi und Scally bei tieferer Positionierung von Honorat gegen Raum konsequent und konnte ein Aufdrehen Baumgartners unterbinden. In zentralen Räumen fehlte jedoch durch die gute Gegnerbindung von Openda gegen Itakura jemand der sich für Baumgartner verantwortlich fühlte. Leipzig fehlte es zudem häufig an Anschlussoptionen für Baumgartner in diesen gefährlichen Räumen.

Direktheit führt zu Torchancen

Leipzig lief die Borussia in der Folge ebenfalls mit Erfolg nach Abstößen mannorientiert an, was in der Kombination mit der zunehmenden Passivität der Borussia zu seltenen, geordneten Ballbesitzphasen führte.

Interessant war, dass die beiden Flügelverteidiger die Leipziger Außenverteidiger zustellten, während Xavi und Baumgartner die Innenverteidiger anliefen. Dahinter konnten so Openda und Haidara die Gladbacher Sechser zustellen, was dazu führte, dass Seiwald Pleas freie Bewegungen im Zwischenlinienraum aufnehmen konnte.

Die Borussia suchte gegen das hohe Anlaufen der Leipziger meist einen direkten Weg im Überspielen. Ein häufig gewähltes Mittel waren hierbei Chipbälle in den Zwischenlinienraum. Begünstigt durch die engen Abstände von Cvancara, Plea und Hack sowie den die Tiefe belaufenden Honorat zeigte sich die Borussia in einer kompakten Stafflung griffig nach zweiten Bällen und schaltete nach Ballgewinn wiederholt durch vertikale Kombinationen schnell um. So entstanden auch die besten Torchancen über den stets bemühten, jedoch glücklosen Cvancara in der ersten Halbzeit.

Anpassungen im Angriffspressing

Zur Halbzeit nahm Seoane einige Änderungen gegen den Ball vor, um sich gegen die zunehmende Passivität zu wehren. Interessant hierbei war die nun etwas höhere Positionierung von Honorat im Umschalten ins Angriffspressing, wodurch dieser Bitshiabu direkt anlief. So war Plea in der Lage Seiwald zuzustellen und die Sechser blieben in ihren natürlichen Mannorientierungen aus dem Mittelfeldpressing gegen die Leipziger Achter. Plea agierte auch im Mittelfeldpressing mannorientiert gegen Seiwald was durch eine 1-1 Staffelung mit Cvancara zu einem besseren Übergang ins Angriffspressing und mehr Klarheit in der Zuteilung führte.

Auf der rechten Seite wurde folglich durch Springen von Scally auf Raum durchgeschoben. Durch das Einnehmen der tieferen Positionen durch Xavi und Baumgartner – und dem damit verbundenen Herausziehen von Reitz und Itakura – gelang es Leipzig allerdings bewusst den Raum hinter Scally zu öffnen. RaBa Leipzig war in der Folge auch in der Lage diesen durch Tiefenbälle von Raum, der seinen Zeitvorteil durch den weiten Pressingweg Scallys gut nutzte, zu bespielen. Häufig wurde der geöffnete Raum durch diagonale Tiefenläufe von Openda oder einer Gegenbwegung von Raum und Xavi belaufen. Doch auch hier scheiterte Leipzig wie so häufig an der Zweikampfstärke der Gladbacher Innenverteidiger, die eine beeindruckende Tagesform zeigten.

Die Phase nach der Pause sollte zugleich die stärkste Phase der Gäste werden. Neben dem Bespielen der Tiefe gelang es den Leipzigern gleichzeitig die Schwachstellen der Borussia in der Zentrumsstaffelung durch das Finden von Baumgartner mit nun besseren Anschlussoptionen zu bespielen. Häufig zogen sich die Achter ballnah zusammen, um als Ablageoption kleinräumige Kombinationen zu ermöglichen. Dies führte situativ zum Ausspielen einer 2gg1 Überzahl von Xavi und Baumgartner gegen den ballnahen Sechser der Borussia.

Umstellungen nach Führung

Der einzige Treffer des Spiels von Alassane Plea in der 54. Minute nach einer Ecke beeinflusste die Spieldynamik maßgeblich. So nahmen beide Trainer personelle Änderungen vor. Rose brachte zum einen Sesko für Haidara, wodurch Baumgartner die rechte Achterposition von Haidara übernahm. Mit diesem Wechsel wollte man noch konstanter die Räume hinter der Abwehrkette Borussias belaufen, allerdings nahm man sich mit der veränderten Rolle von Baumgartner auch ein Stück weit seine Fluidität in den Mittelfeldrotationen. Seoane reagierte ebenfalls und brachte mit Chiarodia für Honorat einen zusätzlichen Innenverteidiger. Folglich verteidigte die Borussia nun konstant mit fünf Spielern in der letzten Linie, nachdem dies zuvor vor allem dynamisch im tiefen Verteidigen geschah, in dem Honorat bei Hochschieben von Raum in die letzte Linie fiel.

Die Borussia agierte nun aus einem 5-4-1 Mittelfeldpressing. Interessant zu beobachten war die Rolle von Cvancara, der als rechter Mittelfeldspieler in der zweiten Pressinglinie agierte, während Plea die einzige Spitze besetzte. Ziel der Umstellung war es die Rotationen der Leipziger Mittelfeldraute einzuschränken und dauerhaft eine Überzahl in der letzten Linie herzustellen, um bei Gelegenheit aggressiv aus der Kette herauszuspringen. Speziell Elvedi als rechter Halbverteidiger zeigte sich in diesen Duellen sehr stark und konnte so das Aufdrehen Xavis im linken Halbraum wiederholt unterbinden. Reitz konnte so im Zentrum deutlich raumorientierter agieren und war häufig der freie Mann vor der Abwehr, um bei ballseitigem Verschieben Überzahl zu schaffen und abkippende Leipziger Stürmer aufzunehmen. Weigl agierte weiterhin meist mit recht großem Mannbezug zum rechten Leipziger Achter. 

So konnte eine hohe vertikale Kompaktheit hergestellt werden und Leipzig fand kaum noch den Weg in den Block. Durch die kompakt verschiebende Mittelfeldlinie gelang es nun auch besser die Passwege ins Zentrum zu schließen und Leipzig auf den Flügel zu lenken. Die äußeren Mittelfeldspieler Cvancara und Hack betrieben hier einen sehr hohen Aufwand gegen den Ball. 

Die Leipziger fanden kaum Mittel gegen diesen disziplinierten Defensivblock. Häufig wurde in einer U-Form um den Block herumgespielt. Zudem fehlte mit den beiden Flügelverteidigern Baku und Raum in der Breite die nötige 1gg1 Qualität, um über Dribblings in die Box zu gelangen, was in vielen ungenauen Flanken resultierte. So schlug Leipzig allein in der zweiten Halbzeit 22 Flanken. Während die Leipziger verzweifelt anliefen und sich schwer taten klare Torchancen zu erspielen konnte die Borussia in dieser Phase des Spiels durch Umschaltsituationen für Entlastung sorgen und sich ein klares Chancenplus mit unter anderem zwei Pfostentreffern von Plea erarbeiten. 

Fazit

In den letzten Wochen standen häufig die spielerischen Ansätze der Borussia und gerade die guten Abläufe gegen mannorientiertes Anlaufen im Fokus. In diesem Spiel bewies man gegen eindimensionale Leipziger eine disziplinierte Leistung gegen den Ball und zeigte eine gewisse Leidensfähigkeit. Man passte sich zudem gut dem Momentum des Spiels an und reagierte mit Umstellungen auf das Spiel. Dies könnte mit Blick auf den Saisonendspurt noch ein wichtiger Faktor im Kampf um die internationalen Plätze werden. Auch wenn das Spiel mit dem Ball gegen RaBa Leipzig Luft nach oben ließ und sich trotz einer engagierten Leistung von Cvancara das Fehlen von Kleindienst sowohl in der Abschlussqualität als auch der Stärke in der Luft bemerkbar machte, zeigte die Borussia insgesamt einen überzeugenden Auftritt.

Eine Analyse von Felix.

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