Verloren in 8 Minuten? Die Analyse zum Borussenduell

Am 30. Spieltag der Bundesliga muss Borussia im Kampf um Europa gegen den direkten Konkurrenten aus Dortmund eine bittere Niederlage einstecken. Hierbei kassierte man in den letzten 8 Minuten vor der Pause 3 Gegentore und verlor am Ende mit 2:3 im Signal Iduna Park.

Wer hat noch nicht, wer will nochmal: Die Aufstellungen

Bei den Fohlen kehrte nach der Niederlage gegen die Freiburger der Kapitän Jonas Omlin zurück ins Tor nach überstandener Verletzung. Zudem durfte Lukas Ullrich wieder für Luca Netz ran, während Rocco Reitz für Flo Neuhaus in die Startelf rückte. Zudem musste Franck Honorat (erneut) pausieren und wurde durch Tomas Cvancara ersetzt, während durch die Hereinnahme von Stöger für Hack, Plea auf den Flügel rutschte.
Bei den Dortmundern gab es ebenfalls einige Wechsel nach dem überraschenden 2:2 in München: Can, Özcan, Ryerson und Brandt nahmen auf der Band Platz und wurden durch Nmecha, Bensebaini, Adeyemi und Cuoto ersetzt.

Mutige Fohlen fordern Dortmund

In den ersten Minuten ließ sich sehr gut der Matchplan von Gerardo Seoane und seinem Team erkennen. Man wollte die Dortmunder im Mann vs Mann pressen und sie vor Probleme stellen. Das Team von Nico Kovac ist seit seinem Amtsantritt nicht unbedingt für sehr gute Lösungen im eigenen Ballbesitz unter Druck bekannt, weswegen die Fohlen mit dieser Herangehensweise in der Anfangsphase die Dortmunder immer wieder zum langen Ball zwingen konnten. Die designierte Anspielstation war Guirassy, der fortan immer mit Itakura ins Duell musste. So entwickelte ein munteres Festival von langen Bällen, da Dortmund zufälligerweise die identische Herangehensweise wählte. Durchaus clever, da die Fohlen bereits des Öfteren zeigten, dass sie damit Probleme haben.

Borussia brachte sich in der Phase jedoch durch kleine Nachlässigkeiten erneut ins Hintertreffen. Während Dortmund ab und an versuchte, mit dem Druck der Borussia ein wenig zu spielen, vergaß Rocco Reitz leider ab und an seine Aufgabe. So kippten Nmecha und Groß zunehmend tiefer und tiefer ab, um die Gladbacher Manndecker Weigl und Reitz dazu zu zwingen, diese weiten Wege mitzugehen. Taten sie dies nicht, so entstanden Situationen, wie die untere aus der 8. Minute. Dortmund agiert nah am Druck, Kleindienst presst Anton, Weigl schob auf Nmecha und so fand sich Stöger im 2vs1 gegen Süle und Groß. Eingezeichnet sieht man den fehlenden Laufweg von Rocco Reitz auf einer der Dortmunder 6er, der nun im 2vs1 freigespielt werden konnte und Freiraum zum Bespielen vorfand.

Zudem agierte Dortmund aber auch nach und nach immer clever mit Rotationen im Zentrum durch Guirassy und Groß/Nmecha. Somit waren die Gladbacher gefordert, entweder konsequent die Manndeckung aufrecht zu erhalten oder aber die Gegenspieler kosequent zu übergeben. Stattdessen machten sie nichts von beidem und bekamen in der Folge erneut keinen Druck auf die Dortmunder, die somit zunehmend mehr Spielkontrolle bekamen.

Probleme der Vorwoche(n)

Borussias Probleme im tiefen Verteidigen gegen ein Team, das in Dreierkette aufbaut, zeigten sich erneut. Während Dortmund immer wieder die Borussia über die Bensebaini-Seite im Aufbau anlockte, schob ballentfernt der andere Halbverteidiger Süle extrem hoch in den Sechserraum.
Da die Borussia durch die Rotationen der Dortmunder gebunden war, bekam Dortmund Platz. So wurde Rocco Reitz immer wieder Groß gezwungen, sich tiefer zu orientieren, als er es eigentlich sollte und Plea musste folglich das Zentrum schießen, wodurch Süle bald zum Halbraumzehner werden konnte. Die katastrophale Situation der Fohlen ergab sich nun am eigenen Sechzehner, wo Lukas Ullrich sich in einem 2vs1 gegen Süle und Cuoto immer wieder vorfand.
Durch Borussia „Tiefer und tiefer-Fallen“ bekamen sie die Dortmunder immer schwerer zu packen.

Dies gipfelte schließlich beim Ausgleichtreffer der Dortmunder. Borussia verteidigt in der eigenen Box 6(!!) vs 4 und steht mit 9vs8 Spielern an der eigenen Box eigentlich sogar in Überzahl. Erneut ist es der eigenen linke Flügel auf den Dortmund verlagern konnte, erneut verliert man die Verteidigungshöhe und muss so schließlich den Ausgleich hinnehmen.

Zu leichte Gegentore

Normalerweise wollen wir uns wenig mit den einzelnen Situationen aufhalten und mehr über den gesamtheitlichen Ansatz der Fohlen sprechen. Die Gegentore 2 und 3 sind jedoch so eklatant fehlerbehaftet, dass es sich lohnt, einen genauen Blick drauf zu werfen.
Erneut ist es Borussias linke Seite, die der BVB attackiert, diesmal muss Elvedi sogar ein bisschen nachschieben, da Dortmund die Seite überlagert und somit entsteht nicht nur ein Zurordnungsproblem, sondern mehr eine Lücke, die größer ist, als Borussias Europachancen in dieser Situation. Weigl, eben noch vorne in der Mannorientierung gebunden kommt nicht hinter Nmecha her und Reitz muss am Flügel die Überlagerung der Gastgeber kompensieren.
Beim 3:1 wollen wir euch das Bild ersparen, schaut euch den Stöger-Freistoß einfach an und analysiert selbst für euch, ob man beim Stand von 2:1 für den Gegner, kurz vor der Pause, nach 2 Gegentoren innerhalb kürzester Zeit, diesen Freistoß so ausführen sollte.

Warum Borussia nochmal ins Spiel kommt

Die Borussia findet in der zweiten Hälfte im Signal Iduna Park einen Weg zurück in die Partie, wenn auch ein wenig glücklich durch den Elfmeter von Stöger. Die Art und Weise mit der die Fohlen allerdings im Ballbesitz agieren, zeigt, dass sie die Qualität im eigenen Positionsspiel besitzen. Während Dortmund weiterhin mutig pressen möchte, löst sich Borussia immer häufiger aus der Mannorientierung und kreiert Option für einen freien Pass an den Rand des Drucks.

So spielen sie mal die Breite im Aufbau über eine Anspieloption im Zentrum frei (siehe Plea auf Scally oben) oder aber tun selbiges im Verbindungsspiel (siehe Bild unten). Besonders bemerkenswert sind auch die Positionsrotationen zwischen den 4 offensiven Akteuren. Dass Stöger umtriebig ist, ist bekannt, jedoch invertiert auch Cvancara immer häufiger, zieht Bensebaini mit und öffnet für Scally, während Kleindienst Anton im Zentrum bindet. So kann es gehen, wenn man es mutig versucht.

Doch nicht nur in direkten Passspiel und Rotationsbewegungen sind sie besser, auch in den statischeren Phasen nutzen sie die potenzielle Unterzahl des Mittelfeldes der Gastgeber immer häufiger mit Plea und Stöger in den Halbräumen. Dass danach jedoch zu wenig Gefahr entsteht, liegt vor allem an der fehlenden Qualität in letzter Linie, besonders im puncto Tempo.

Fazit: Verloren, aber unnötig

Die zweite Hälfte der Borussia hat gezeigt, dass man mithalten kann. Aber reicht dies eben nicht, wenn man eine zugegeben glückliche zwischenzeitliche Führung innerhalb von 8 Minuten durch individuelle Fehler und Unsauberkeiten herschenkt.
Wer um Europa mitspielen möchte, muss in genau diesen Spielphasen cleverer und vor allem reifer auftreten, als Borussia in den letzten Wochen tut.
So bleibt am Ende die Ernüchterung, weil mehr drin gewesen wäre, aber auch die Gewissheit, dass es so für Europa einfach nicht reicht.

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